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Arbeitgeber

Persönlichkeitstests: Der Cultural Fit wird immer wichtiger

Immer häufiger suchen Unternehmen nach Persönlichkeiten, nicht nach dem perfekten Leistungsnachweis. Dies mache durchaus Sinn, sagt unsere Expertin. Nicht nur, um das Unternehmen gegen aussen adäquat zu vertreten. Auch intern wirke sich der «Cultural Fit» positiv aus. Doch der Fokus auf die Persönlichkeit birgt auch Gefahren.

27. November 2015

«Herzliche Gratulation, Sie sind für uns die beste Wahl!» – wer das in einem Bewerbungsverfahren zu hören bekommt, kann die Sektflasche köpfen. Nur: Was bedeutet es eigentlich, in diesem Kontext «am besten» zu sein? Gemäss einer Studie der Universität Bamberg heisst dies, dass ein Kandidat nicht nur das nötige Fachwissen mitbringt, sondern eben auch am besten ins Team passt. Denn die Untersuchung hat ergeben, dass Arbeitgeber die Persönlichkeit im Rekrutierungsprozess immer stärker gewichten; gefolgt von Soft Skills und Praxiserfahrung. «Persönlichkeitseigenschaften sind stabile und überdauernde Merkmale, die sich kaum verändern – im Gegensatz zum Fachwissen», liefert Sylvia Stutz den Grund für diesen Rekrutierungstrend. Die Verantwortliche Human Resources bei Careerplus ergänzt: «Das Wissen können sich Kandidaten mit einer guten Auffassungsgabe und einer hohen Motivation oft innert nützlicher Frist aneignen.»

«Es ist wie auf einem Date»

So soll der neue Mitarbeiter mit seinen Werten optimal in die Unternehmung passen – «Cultural Fit» heisst der Terminus, der sich dafür eingebürgert hat. Dieser sei besonders bei Unternehmen im Dienstleistungssektor erfolgsentscheidend: «Je höher die repräsentativen Anteile einer Funktion, desto grösser die Bedeutung der Persönlichkeit», sagt Sylvia Stutz. Aber auch intern hat die kulturelle Übereinstimmung Effekte, die sich positiv auswirken: Nur wenn Persönlichkeit und Unternehmenskultur zusammenpassen, kann ein Mitarbeiter seine fachlichen Qualifikationen langfristig entfalten.

Allerdings: Die Suche nach der passenden Persönlichkeit birgt auch Gefahren. Dann nämlich, wenn Arbeitgeber lediglich auf ihren Bauch hören, um zu entscheiden, ob ihnen eine Person sympathisch ist oder nicht. «Es ist wie auf einem Date, du spürst einfach, ob jemand passt», zitiert das «Manager Magazin» 2015 einen Arbeitgeber. Die Krux: Die Arbeitgeber neigen dazu, jemanden einzustellen, der ihnen ähnlich ist, auf Kosten der Vielfalt, die für ein Unternehmen jedoch sehr wichtig ist. So empfiehlt es sich, bei der Personalauswahl ein standardisiertes Vorgehen zu entwickeln, um eine Person möglichst objektiv nach ihren Merkmalen zu durchleuchten und herauszufinden, ob sie zum Unternehmen passt (siehe Blog vom 13. November zum Bewerbungsgespräch). Sylvia Stutz empfiehlt, in einem ersten Schritt vor dem Interview die erwünschten Charaktereigenschaften im Anforderungsprofil klar festzuhalten. «Im weiteren Selektionsprozess ist der Einsatz von Persönlichkeitstests empfehlenswert, um die Eindrücke des Interviews zu objektivieren.»

Je genauer, desto aussagekräftiger

Nur: Für welches Verfahren soll sich ein Unternehmen im Dschungel der Persönlichkeitstests entscheiden? Es ist wichtig, dass der Test auf die zukünftigen Tätigkeitsfelder und deren Rahmenbedingungen zugeschnitten ist. Denn je genauer der Test die erwünschten Fähigkeiten abfragt, desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse. Ausserdem sollte der Test wissenschaftlichen Kriterien entsprechen. Als vielfach bewährtes Verfahren nennt Sylvia Stutz das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP): 251 Fragen decken 14 Bereiche wie Gewissenhaftigkeit, Leistungs- und Führungsmotivation sowie Belastbarkeit ab. Persönlichkeitsmerkmale, deren positive Auswirkung auf beruflichen Erfolg erwiesen ist. Wann sich ein Persönlichkeitstest lohnt, ist von Stelle zu Stelle verschieden. Prinzipiell lässt sich aber festhalten, dass dies vom Lohn- und Qualifizierungsniveau abhängt.

Stellt sich noch die Frage, wie verlässlich die Testergebnisse sind, da ein Kandidat sich auch verstellen und falsche Angaben machen kann. «Dieses sogenannte ‹Faking› kann nicht verhindert werden», sagt Sylvia Stutz. Doch dies habe auch eine positive Komponente: «Es zeigt, dass der Bewerber erkannt hat, welche Persönlichkeitseigenschaften für die Stelle erfolgsrelevant sind.» Ausserdem muss man in Betracht ziehen, dass das Resultat vom individuellen Bewertungsmassstab sowie vom persönlichen Antwortverhalten des Kandidaten beeinflusst wird. Berücksichtigt man dies aber, liefern Persönlichkeitstests wertvolle Zusatzerkenntnisse über den Charakter, die Werte und die Einstellung des Bewerbers.

Assessments: Ein zu hoch bewertetes Rekrutierungsinstrument?

Neben Persönlichkeitstests erfährt man auch mit einem Assessment mehr über den Kandidaten. Doch wie sinnvoll ist es, ein solches einzusetzen?
Pro: Hohe Sicherheit in Bezug auf die passende Persönlichkeit, die durch mehrere externe Beobachter erreicht wird. Praxisnahe Übungen wie Rollenspiele, Gruppendiskussionen oder Präsentationen.
Contra: Hoher Entwicklungs- und Durchführungsaufwand und dadurch Mehrkosten bei der Rekrutierung.
Fazit: Ein Assessment lohnt sich hauptsächlich für Fach- und Führungspositionen.
Liste mit zertifizierten Anbietern: www.swissassessment.ch

Mehr Informationen zum Thema finden Sie in unserem White Paper «Der gläserne Kandidat. Möglichkeiten und Grenzen bei der Personalauswahl». Hier kostenlos zum Herunterladen.

 

Dies ist der letzte Beitrag aus der fünfteiligen Serie «Tipps zur Personalauswahl». Hier finden Sie das gesamte Dossier im Überblick.