Arbeitszeugnisse: Faire Kritik statt Codes
Eigentlich sind sie abgeschafft – und doch immer wieder ein Thema: Codes in Arbeitszeugnissen. Doch gibt es tatsächlich versteckte Botschaften? Und wie schlimm ist ein kritisches Arbeitszeugnis überhaupt?
Wie gewinnt man neue Talente, und wie bindet man bestehende? Eine populäre Antwort darauf: mit Employer Branding. Also mittels der Positionierung des Unternehmens als attraktive und individuelle Arbeitgebermarke. Doch ist das Vorhaben gelungen? Und weshalb spricht man heute von Employee Experience?
Dass die Mitarbeiter die wertvollste Ressource sind, dass zufriedene Mitarbeiter motivierter sind und dass Mitarbeiter über ihre Erfahrungen am Arbeitsplatz sprechen – das sind alles keine neuen Einsichten. Gerade in Branchen, die vom «War for Talents» betroffen sind, ist das Image des Unternehmens zentral für die Rekrutierung. Denn ob sich ein Mitarbeiter bei einer Firma bewirbt, hängt auch davon ab, wie er oder sie diese wahrnimmt. Weiter sollen sich bestehende Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren können. Denn motivierte und begeisterte Arbeitnehmer leisten mehr und sind weniger häufig krank. Sie bringen Ideen ein und handeln für das Unternehmen anstatt nur für die eigene Karriere. Bislang war Employer Branding das Zauberwort, von dem man sich all das erhoffte. In anderen Worten: Es sollte eine starke Arbeitgebermarke für das Unternehmen aufgebaut werden. Das Vorhaben klingt sinnvoll. Die tatsächliche Umsetzung: Prospekte mit gut aussehenden und zufrieden lächelnden Mitarbeitern, ansprechende (Karriere-)Webseiten, grossangelegte Imagekampagnen und beeindruckende Auftritte an Absolventenmessen. Im Versuch, als Unternehmen bei bestehenden und bei potenziellen Mitarbeitern einen positiven Eindruck zu hinterlassen und möglichst singulär dazustehen, gleichen sich die Firmen mittlerweile oft wie ein Ei dem anderen. Die Einzigartigkeit ist auf dem Weg zur starken Marke verloren gegangen. Hinzu kommt, dass sich Einstellungen nicht aufzwingen lassen. Die potenziellen und bestehenden Mitarbeiter bilden sich ihre Meinung selber.
In der Tat: Marken werden immer mehr durch Erlebnisse und Erfahrungen der Kunden definiert anstatt durch einseitige Kommunikation der Unternehmen. Denn die Kunden tauschen auf sozialen Netzwerken ihre Erfahrungen und Meinungen aus und lassen sich weniger leicht beeinflussen. Dasselbe gilt für die Arbeitnehmer. Auch sie sind kritischer geworden gegenüber Unternehmensbotschaften. Was wirklich punktet? Der tatsächliche Alltag der Mitarbeiter. Mitten aus dem Leben gegriffen. Employee Experience ist der Begriff dazu. «Employee Experience stellt die echte Erfahrung ins Zentrum, nicht irgendein Hochglanzmagazin-Gefühl», erläutert Sylvia Stutz, Verantwortliche HR bei Careerplus. Ausserdem können sich Unternehmen mit Employee Experience von der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt abheben – was mit Employer Branding ja nicht gelang. Und: Ehrlichkeit zahlt sich aus. «Es ist uns wichtig, dass potenzielle Mitarbeiter vor und während dem Rekrutierungsprozess die richtigen Werte mitbekommen und sich kein falsches Bild von unserem Unternehmen und dem Arbeitsalltag machen. Deshalb setzen wir neu unter anderem auf Brand Ambassadors, also bestehende Mitarbeiter, die potenziellen einen möglichst authentischen Einblick in unsere Unternehmenskultur geben können», so Stutz.
Employee Experience stellt die echte Erfahrung ins Zentrum, nicht ein Hochglanzmagazin-Gefühl."
Doch zu sagen, Employer Branding sei tot, wäre falsch. Denn mit Unternehmen ist es wie mit dem Wein. Viele wählen Letzteren aufgrund der Etikette aus, obwohl sie es besser wüssten. Und so fühlen sich viele Leute auch aufgrund des Erscheinungsbilds und Images zu einem Unternehmen hingezogen – oder eben nicht. Zumindest für den Erstkontakt sind also Markenbotschaften dennoch nicht zu vernachlässigen. Wichtig ist dabei aber, dass sich das Employer Branding eines Unternehmens nicht als Etikettenschwindel herausstellt. Es ist wie so oft: Der gute Mix macht’s. Mit Betonung auf «gut».
Careerplus setzt neben den «klassischen» Employer-Branding-Tools wie beispielsweise der eigenen Karrierewebseite (www.careerplus.ch/career) und Employer-Branding-Videos seit Neustem auch auf Employee Experience. Ab Mai 2016 werden drei Brand Ambassadors – Mitarbeiter aus der West- sowie Deutschschweiz – mit kurzen Videos Aussenstehenden regelmässig einen Einblick in den tatsächlichen Careerplus-Alltag gewähren. Einzige Vorgabe für die Mitarbeiter, ausser einigen wenigen stilistischen Vorgaben: Es soll gezeigt werden, wie die Werte von Careerplus tatsächlich gelebt werden. Die Videos werden auf der Karriereseite sowie in den Social Media gepostet.