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«Gleichberechtigung schafft Lohngleichheit»

Careerplus setzt sich für Chancengleichheit und Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt ein. Lohndiskriminierung ist ein Thema, das aktuell ist. HR-Today-Journalistin Corinne Päper befragte dazu Jacqueline Scheuner, Geschäftsführerin Careerplus.

02. September 2014

Das ausführliche Interview lesen Sie exklusiv auf diesem Blog. Den Artikel finden Sie in der Augustausgabe von «HR Today», Nr. 9/2014, online auf www.hrtoday.ch oder hier als PDF

Corinne Päper: Frau Scheuner, 7 Prozent der gesamten Lohndifferenz zwischen Mann und Frau lassen sich wissenschaftlich nicht erklären. Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund dafür?
Jacqueline Scheuner: Es herrscht häufig das Vorurteil, dass Frauen früher oder später Mutter werden und dann kürzertreten. Dies zeigen Gespräche mit unseren Kunden und Partnern. Selbstverständlich gibt es Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder weniger oder gar nicht mehr arbeiten möchten. Aber das trifft nicht auf alle zu. Dennoch werden Frauen allgemein unter den «Generalverdacht Mutterschaft» gestellt. Das geschieht zum Teil schon bei der ersten Anstellung nach der Ausbildung – oder spätestens wenn das erste Kind da ist. Die Frauen spüren dies bei Lohnverhandlungen oder bei der Karriereplanung. Unsere Erfahrungen diesbezüglich werden von der Nationalfondsstudie des Berner Büros Ecoplan und der Universität Basel gestützt. Die Studie zeigt ausserdem, dass laute Personen den leisen eher vorgezogen werden und dass bei Lohnverhandlungen und beim Besetzen von wichtigen Positionen die Männersolidarität greift. Wir haben zudem festgestellt, dass sich Frauen häufig unterschätzen und dass sie weniger verhandeln als Männer.

Was ist im Allgemeinen – aus Ihrer Sicht – der Grund für den grossen Lohnunterschied zwischen Mann und Frau?
Für mich steht nicht prinzipiell die Frage nach der Lohngerechtigkeit im Vordergrund, sondern es geht viel eher um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz im Allgemeinen. Denn wir bei Careerplus sind überzeugt, dass mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern die Lohngleichheit Einzug hält. Gleichberechtigung heisst dabei aber auch, dass es Vätern ebenso möglich sein muss, Teilzeit zu arbeiten, ohne Karrierechancen oder Lohneinbussen fürchten zu müssen! Dies ist bei Careerplus der Fall. Nach unserer Erfahrung braucht es eine ausgeglichene Anzahl an Frauen und Männern in Entscheidungsgremien, damit diese nicht nur von Gleichberechtigung sprechen, sondern sie auch konkret umsetzen. Denn selbst wenn der Frauenanteil eines Unternehmens hoch ist, setzt sich das Management häufig allein aus Männern zusammen. Und diese schenken der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wenig Beachtung. Dabei ist es keine Hexerei, dieses Nebeneinander zu erleichtern, indem man zum Beispiel als Arbeitgeber den Fokus auf die Leistung und nicht auf die Anwesenheit legt. Somit sind die Mitarbeitenden zeitlich flexibler.

Ist Lohndiskriminierung tatsächlich nur ein Frauenproblem, oder könnte man auch sagen, dass Leute davon betroffen sind, die introvertierter sind, sich schlechter verkaufen können, die schweizerische Kultur nicht kennen?
Sich gut verkaufen zu können, ist im heutigen Arbeitsmarkt sicher ein grosser Vorteil; man sollte seinen Wert kennen und diesen selbstbewusst vermarkten. Aber auch wertvolle Eigenschaften, die erst auf den zweiten Blick erkennbar sind, können durch einen strukturierten und durch wissenschaftliche Instrumente gestützten Bewerbungsprozess, so wie ihn Careerplus anwendet, sichtbar gemacht werden. Mit zusätzlichen Assessments können wir sowohl bei der Rekrutierung für Kunden wie auch bei der internen Rekrutierung verhindern, dass aufgrund von subjektiven Eindrücken entschieden wird.

Wie schliessen Sie selbst Lohndiskriminierung in Ihrem Unternehmen aus?
Wir haben ein klares Commitment zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, das auch Lohngleichheit umfasst. Dieses Engagement ist in einer Strategie, im Leitbild und in unserer Lohnpolitik festgehalten. Auf der operativen Ebene arbeiten wir mit einem auf analytischen Methoden basierenden Lohnsystem sowie standardisierten und nachvollziehbaren Beurteilungsprozessen. Für vergleichbare Positionen haben wir einheitliche Einstiegslöhne definiert. Eine Lohnentwicklung erfolgt im Anschluss ausschliesslich aufgrund der individuellen Leistung. Die Leistungsbeurteilung basiert auf einem transparenten Kompetenzmodell mit nachvollziehbaren, eindeutigen Indikatoren.

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste für Unternehmen, die Lohndiskriminierung ausschliessen wollen? Haben Sie Tipps?
Neben dem gerade erwähnten Vorgehen von uns: Wir veröffentlichen regelmässig Salärstudien, in welchen wir die Gehaltsspannen derjenigen Berufe aufzeigen, für die wir als Personalberatung rekrutieren. Unsere Kunden und Kandidaten können somit einschätzen, ob der Lohn dem Marktniveau angemessen ist. Die Gehaltsspannen basieren dabei auf Fakten wie Alter oder Weiterbildung, und wir verzichten bewusst auf die Differenzierung Mann/Frau. Ausserdem geben wir als erste Personalberatung der Schweiz das Salärband zum Teil direkt im Stelleninserat an.

Sie haben zwar einen relativ hohen Frauenanteil in den Teams, scheinen aber gleichzeitig eine relativ hohe Fluktuation zu haben, wie aus Kommentaren auf Kununu ersichtlich ist. Können Sie dazu Näheres sagen?
Wir bieten nach Studienabschluss den idealen Einstieg in das Personalwesen und geben unseren Mitarbeitenden schnell viel Verantwortung. Mit anderen Worten: Wir übernehmen bewusst die Funktion eines Sprungbretts für Studienabgänger. Daher sind unsere Mitarbeitenden im Markt sehr beliebt. In der Regel bleiben sie rund zweieinhalb bis drei Jahre bei uns. Danach wechseln sie oft in verantwortungsvolle Fachpositionen zu renommierten Unternehmen. Denn diese bieten andere Aufgabenstellungen und Herausforderungen als eine Personalberatung. Im Weiteren kann Careerplus aufgrund ihrer Unternehmensstruktur nur in geringem Ausmass interne Fach- oder Projektlaufbahnen ermöglichen. Dafür schaffen wir viele Entwicklungschancen für eine Führungslaufbahn. Unsere Führung und unser Management sind sehr stabil, in den letzten Jahren gab es praktisch keine Wechsel.

Welche Umstände begünstigen aus Ihrer Sicht Lohndiskriminierungen? Und inwiefern schafft Lohntransparenz Abhilfe?
Es besteht immer ein Risiko für Lohndiskriminierung, wenn die Löhne nicht regelmässig nach transparenten Kriterien wie Anforderungs- und Leistungsgerechtigkeit überprüft werden. Wie bereits vorher erwähnt, hängt Lohndiskriminierung stark mit Chancengleichheit und Gleichberechtigung zusammen. Alter, Geschlecht und Herkunft dürfen für Arbeitsmarktchancen keine Kriterien sein. Grundsätzlich gilt aus unserer Sicht: Wo Gleichberechtigung sowie Transparenz herrschen und wo Frauen wie Männer gleichermassen in Führungsgremien vertreten sind, ist die Lohngleichheit und -gerechtigkeit gut verankert – und zwar branchenunabhängig.

Welchen Tipp können Sie Frauen geben, damit diese denselben Lohn erhalten wie ein Mann mit derselben Qualifikation?
Sie sollen unsere Salärstudien lesen oder sich online über den angemessenen Lohn für die Position mit entsprechendem Alter und entsprechender Weiterbildung informieren. Zudem sollen sie sich beraten lassen. Den eigenen Wert auf dem Arbeitsmarkt zu kennen, ist ungemein wichtig. Man soll zu seinen Qualifikationen stehen und entsprechende Forderungen stellen, sich nicht davor scheuen, zu verhandeln. Ausserdem ist es wichtig, das Netzwerk zu pflegen und dort die Löhne zum Thema zu machen.

Welche Folgen kann Lohndiskriminierung für Unternehmen haben?
Wenn Lohndiskriminierungen publik werden, ist dies immer mit einem Imageschaden für das Unternehmen verbunden und verringert somit die Attraktivität für Stellensuchende. Das Image eines Unternehmens ist aber im Zuge des ansteigenden Fachkräftemangels immer wichtiger, wenn man qualifizierte Talente anwerben möchte. Auf der persönlichen Ebene löst ein solcher Vertrauensbruch – denn das ist eine Lohndiskriminierung – in aller Regel natürlich Frust aus. Dies und die mangelnde Wertschätzung können zu schwindender Loyalität und in der Folge zu nachlassender Leistungsbereitschaft führen.