Arbeitszeugnisse: Faire Kritik statt Codes
Eigentlich sind sie abgeschafft – und doch immer wieder ein Thema: Codes in Arbeitszeugnissen. Doch gibt es tatsächlich versteckte Botschaften? Und wie schlimm ist ein kritisches Arbeitszeugnis überhaupt?
In der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt kann der Einsatz einer Führungskraft «ad interim» entscheidende Vorteile gegenüber fest besetzten Führungspositionen bieten. Jane Melmuka, eine erfahrene HR Executive und heute als «ad interim»-Expertin tätig, teilt im Gespräch ihre Erkenntnisse, beleuchtet Vorteile und Herausforderungen und erklärt, warum Interim-Management für Unternehmen und Führungspersonen gleichermassen attraktiv ist.
Frau Melmuka, was hat Sie dazu bewogen, als Interim Executive tätig zu sein?
Nach vielen Jahren in Personalmanagement-Positionen bot sich mir die Möglichkeit, meine Expertise in HR in grossen Change- und Aufbau-Projekten einzubringen. Der Wechsel von Geschäftsleitungspositionen mit den damit verbundenen «pros and cons» zum Arbeiten mit Projektcharakter – inhaltlich und zeitlich klar begrenzt – passte zu meiner damaligen Lebenssituation. Dieses zielorientierte Arbeiten entsprach mir, und so bin ich nach der Mitarbeit bei verschiedenen Grossprojekten heute als Expertin für HR-Fragen aktiv und unterstütze – wiederum klar umrissen – entweder Kolleginnen und Kollegen in Personalabteilungen bei der Bearbeitung komplexer Fragestellungen oder Geschäftsleitungen zu HR-Themen. Diese «ad interim»-Einsätze erlebe ich als sehr bereichernd und meine Rolle als «Coach» als richtig.
Was sind die Vorteile für ein Unternehmen, eine hochqualifizierte Führungsperson wie Sie bei konkreten Fragestellungen beizuziehen?
Das Unternehmen profitiert von meiner profunden beruflichen Erfahrung, der persönlichen Solidität und dem Praxiswissen zur nachhaltigen Umsetzung von HR-Themen. Mit meinem Hintergrund als HR-Profi nehme ich die Fragestellung in der Firma auf und bearbeite diese in einem definierten Zeitrahmen zielorientiert und in einer gewissen neutralen Unabhängigkeit. Das heisst, ich bin nicht in «Firmen-Internes» eingebunden und kann darauf achten, dass «best practice» mit der Machbarkeit in der gegebenen Firmensituation einhergeht. Zusammen mit den definierten, internen Partnerinnen und Partnern ist die Umsetzung des Projekts mein Fokus. Ich habe weder Ambitionen auf eine Weiterbeschäftigung noch auf eine Anstellung. Das Projekt erfolgreich und zum maximalen Kundennutzen zu Ende zu bringen, ist mein Ziel.
Welche Ängste bezüglich Interim Executive können Unternehmen ablegen?
Die Befürchtung, dass der Output bei der Projektbearbeitung nicht der Investition entsprechen könnte, halte ich für unbegründet. Der uneingeschränkte Fokus auf die erfolgreiche Durchführung eines Projekts ist im Interim-Management stärker als bei jemandem, der oder die im Tagesgeschäft eingebunden ist und – völlig nachvollziehbar – auch persönliche Karriereziele im Blick hat.
Welche Bereiche Ihrer Kompetenz und Erfahrung helfen Ihnen besonders, um eine positive Veränderung in den Unternehmen zu bewirken?
Zum einen die Fach- und Methodenkompetenz – und zwar nicht bloss aus dem Lehrbuch, sondern die in der Praxis erprobte und umgesetzte. Zum anderen bringe ich aus meinen beruflichen Funktionen und Positionen entsprechende Sozial- und Führungskompetenz mit. Und natürlich zählen die wichtigen Erfahrungen, die ich während der Bearbeitung und Umsetzung von Grossprojekten sammeln durfte. Letztlich sind auch meine Flexibilität in der Projektbearbeitung und die Fokussierung auf die spezifische Aufgabe für ein Unternehmen entscheidend.
Welche Vorteile sehen Sie für sich persönlich in der «ad interim»-Arbeit im Vergleich zu traditionellen Festanstellungen?
Den Fokus auf das Thema legen zu können und dieses ziel- und umsetzungsorientiert zu bearbeiten, motiviert mich. Ausserdem freut es mich, wenn ich erlebe, dass mein Expertinnenwissen einen positiven Beitrag leistet.
Was sind die grössten Unterschiede zwischen einer dauerhaften Führungsposition und der Arbeit als Interim Executive?
In meiner Rolle als Interim-Expertin ist es mir wichtig, meine Arbeit auf der Basis der aktuellen Situation in einer Firma zu beginnen. Darauf aufbauend, bearbeite ich dann das gegebene Thema. Das heisst, ich stelle mich flexibel auf die Situation der Firma ein. Ich bin nur in dieser Projektrolle wichtig. Als Geschäftsleitungsmitglied hatte ich einen mit der Funktion verbundenen Status. Das ist in meiner heutigen Rolle nicht mehr gegeben und für mich sehr gut so. Auch die «temporäre» Zusammenarbeit in einem Team ist anders. Auch hier liegt der Fokus einzig auf der Projektvorgabe und der Zielerreichung. Und das verlangt nach der eigenen Flexibilität und der Freude, sich immer wieder neu auf Partnerinnen und Partner in Projekten einzustellen.
Was würden Sie einer Führungsperson raten, die sich überlegt, auch den Weg als Interim Executive einzuschlagen?
Ich empfehle, die Pro- und Kontra-Argumente gegeneinander abzuwägen. Bin ich glücklich dort, wo ich bin? Ist es mir wichtig, ein fixer Teil eines Teams zu sein oder nicht? Dabei sollte man ehrlich mit sich selbst sein und die eigenen Überlegungen vielleicht auch mit einer Vertrauensperson teilen. Man muss sich auch gut überlegen, ob die derzeitige Lebenssituation und ein solches Arbeitsmodell überhaupt kompatibel sind, und sich auch allfälliger finanzieller Auswirkungen bewusst sein. Man muss bereit sein, die eigenen Fähigkeiten gut zu kennen, auf diese zu fokussieren und sie richtig zu «verkaufen».
Glauben Sie, dass dieses Arbeitsmodell die Zukunft ist?
Ja. Neben den bereits genannten Vorteilen bietet dieses Arbeitsmodell auch eine Chance für qualifizierte Fachleute, die vielleicht aufgrund ihres Alters erleben, dass es nach einer «ungewollten» beruflichen Veränderung schwierig ist, eine Festanstellung zu finden. Von einem temporären oder «ad interim»-Einsatz profitieren letztlich Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Und haben Sie abschliessend Ratschläge für Unternehmen, die noch nicht auf diesen Zug aufgesprungen sind?
Interim Executives können wie ein «Booster» auf ein Team oder für ein Projekt wirken und mit ihrer Erfahrung und einer unbelasteten und unabhängigen Vorgehensweise neue Perspektiven eröffnen – ganz im Sinne von «think outside the box». Darüber hinaus bearbeiten «ad interim»-Führungskräfte oder -Experten Themen auf der Basis der eigenen Berufserfahrung und Fachkompetenz und müssen sich in ihrer Rolle weniger um die ungeschriebenen «dos and don’ts» einer Firma kümmern. Selbstverständlich nur und immer im Sinne von «best practice» zur Zielerreichung.
Jane Melmuka (63) ist HR-Expertin und -Beraterin und begann ihren beruflichen Aufstieg in Solothurn, wo sie heute noch lebt. Als Betriebsleiterin funktionierte sie das Begegnungszentrum Altes Spital von einer Non-Profit-Organisation in ein wirtschaftlich geführtes Unternehmen um. Später baute sie bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Bern den Dienst für Personal- und Organisationsentwicklung (POE) auf. Danach war sie in verschiedenen Firmen der produzierenden Industrie (MEM) als Personalleiterin in Geschäftsleitungsfunktionen tätig. Entlang ihrer Karriere absolvierte sie eine Vielzahl von Aus- und Weiterbildungen in HR. Prägend für ihre heutige Tätigkeit als Interim Executive waren verschiedene Change-Projekte wie beispielsweise die Integration des regionalen Unternehmens Spirig Pharma in die Strukturen des Nestlé-Grosskonzerns. Seit 2021 ist sie als Senior Advisor bei Staufen.Inova AG in Zürich tätig.