Ausbildung, Berufserfahrung, fachliche Kompetenzen: Die Hard Skills eines Bewerbers sind unbestritten ein wichtiges Argument für oder gegen seine Einstellung. Aber sie sind schon lange nicht mehr allein ausschlaggebend. Auch die Soft Skills nehmen einen relevanten Stellenwert im Recruiting ein: Persönlichkeitsmerkmale und Charaktereigenschaften werden immer wichtiger. Teilen die Bewerberinnen mit dem Unternehmen ähnliche Werte und Normen? Passen sie zur Unternehmenskultur und ins Team?
Die Vorteile, der Fachkräftemangel und die Gen Z
Den Grad der Übereinstimmung von Werten bezeichnet man als Cultural Fit, auf Deutsch: die kulturelle Passung. Im angelsächsischen Raum ist der Cultural Fit schon lange fester Bestandteil einer erfolgreichen Rekrutierung. Aus guten Gründen:
- Die Zusammenarbeit im Team verbessert sich, wodurch die Produktivität steigt.
- Die Mitarbeitenden sind zufriedener und somit loyaler.
- Die Identifikation mit dem Unternehmen wird erhöht.
- Die Fluktuation nimmt ab, was die Rekrutierungskosten senkt.
- Das Employer Branding wird gestärkt, da sich zufriedene Mitarbeitende positiv auf die Aussenwahrnehmung auswirken.
Gerade auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel lohnt es sich, den Cultural Fit höher zu gewichten. Denn fachliche Kompetenzen kann man lernen. Das Zwischenmenschliche passt oder passt nicht. Nicht zuletzt sind für die junge Generation Z eine sinnvolle Tätigkeit sowie ein passendes Arbeitsumfeld sehr wichtig. Und da die jungen Talente in der Regel zwischen verschiedenen Jobangeboten auswählen können, ist es unabdingbar, sich als Unternehmen anzupassen – nicht zuletzt, da diese selbst davon profitieren.
Wenn alle nur noch gleich sind
Ein weit verbreitetes Missverständnis von Cultural Fit: Alle Teammitglieder ticken gleich. Das aber darf nicht das Ziel sein. Denn sind alle gleich, fehlen gewisse Kompetenzen. Besteht ein Team beispielsweise nur aus kreativ denkenden, aber unstrukturiert arbeitenden Menschen, können sie ihre eigenen Ideen nicht auf den Boden bringen. Ausserdem gibt es keine neuen Impulse, wenn alle ähnlich denken und arbeiten. Vielmehr geht es darum, dass die Teammitglieder sich ideal ergänzen. In den USA spricht man daher auch bereits von Cultural Add anstelle von Cultural Fit – also von kultureller Ergänzung. Ein Team profitiert von Diversität, es braucht unterschiedliche Sichtweisen. Dadurch bereichern die Teammitglieder die Unternehmenskultur, anstatt diese nur zu untermauern. Rekrutierungsverantwortliche müssen also darauf bedacht sein, trotz kultureller Passung auch auf eine gute Mischung an Kompetenzen und Persönlichkeiten zu achten.
Tipps: So finden Sie heraus, ob Kandidatinnen und Kandidaten passen
- Unternehmenswerte definieren: Um herauszufinden, ob potenzielle Mitarbeitende zum Unternehmen passen, müssen die Unternehmenswerte klar definiert sein.
- Die Teamdynamik verstehen: Nebst der Unternehmenskultur sollten Sie das Team gut kennen, für das Sie eine neue Person suchen. Was sind die Stärken und Schwächen der einzelnen Teammitglieder? Wie ticken sie – individuell und zusammen?
- Candidate Personas erstellen: Machen Sie sich bewusst, wen Sie suchen: Welche Charaktereigenschaften soll das neue Teammitglied mitbringen, um das Team optimal zu ergänzen? Welche fachlichen Fähigkeiten? Welche Werte verkörpert die Person? Wovon fühlt sie sich angesprochen?
- Fragenkatalog formulieren: Erstellen Sie einen Fragenkatalog. Dadurch definieren Sie einerseits im Vorfeld, welche Fragen Sie stellen müssen, um das Gewünschte zu erfahren. Andererseits ist ein strukturiertes Interview ein Muss, damit die Antworten der Bewerber vergleichbar sind.
- Fragen, die auf den Cultural Fit bzw. Cultural Add abzielen:
• Was treibt Sie an?
• Was schätzen Sie an Teamarbeit? Was nicht?
• Was mögen Sie an Ihren Kolleginnen und Kollegen, mit denen Sie aktuell zusammenarbeiten?
• Welche Situationen sind Ihnen unangenehm?
• Wie gehen Sie mit Fehlern um?
• Was motiviert Sie?
• Wann macht Ihre Arbeit Sie glücklich?
• Was nervt Sie an Ihrem Arbeitsplatz?
- Offene Fragen stellen: Stellen Sie grundsätzlich offene Fragen, also solche, die sich nicht mit «nein» oder «ja» beantworten lassen, und fragen Sie nach konkreten Beispielen. Lassen Sie die Bewerberin von sich erzählen, um die Persönlichkeit besser kennenzulernen.
- Softwarelösungen unterstützen: Es gibt selbstverständlich bereits Tools, die den Cultural Fit von Unternehmen und Kandidaten messen. Allerdings sind solche Programme oftmals noch begrenzt, weshalb sie ein persönliches Gespräch und die Einschätzung der Recruiter nicht ersetzen können.