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Arbeitgeber

Rekrutierungstrends: Was bringt die Zukunft?

Durch den Fachkräftemangel und auch wegen neuer technischer Entwicklungen ist die Rekrutierung heute komplexer geworden. Dies stellt KMU vor Herausforderungen, denn sie haben nicht die Mittel, alle Trends zu verfolgen. Was tun? Raphael Zahnd von Careerplus gibt einen Überblick.

21. Oktober 2016

Herr Zahnd, was hat sich für die Personalverantwortlichen in den letzten Jahren verändert?  

Vor fünf bis zehn Jahren erarbeiteten sie die Stellenbeschreibung, übernahmen die Selektion der Kandidaten, führten Interviews und waren für die Kommunikation mit der Linie verantwortlich. Es galt – und teilweise gilt es noch heute – das Motto «Post and pray». Also hochladen und beten, dass etwas geschieht. Mittlerweile gibt es sehr viele neue Elemente wie beispielsweise Employer Branding, SEO, Mobile- und Webdesign, Performance Analysis und Controlling, Social Media, Active Sourcing, Content Marketing und Videos. Die Rekrutierung ist vielschichtig und komplex geworden.

Wichtig ist, dass man nicht alle Trends verfolgt und sich darin verliert."

Welche Trends sind auch für KMU mit begrenzten Mitteln und Ressourcen sinnvoll?

Wichtig ist, dass man nicht alle Trends verfolgt und sich darin verliert. Zuvorderst steht das Ziel, möglichst effizient gute potenzielle Mitarbeitende anzusprechen. Deshalb sollte man zu Beginn genau definieren, wen man sucht und wo man diese Personen am besten anspricht. Jede Rekrutierung ist am Anfang erst einmal ein kleines Marketingkonzept.

Werden die Jobportale also überflüssig?

Der Trend geht zwar tatsächlich hin zu Rekrutierungskampagnen und weg vom nur Aufschalten eines Stelleninserats. Trotzdem sind Jobportale heute in den meisten Fällen immer noch am effizientesten – gefolgt von den Karrierewebsites der Unternehmen sowie von Mitarbeiterempfehlungen. Darum ist es ungemein wichtig, das Onlinestelleninserat inhaltlich ansprechend aufzubereiten und für Google und andere Suchmaschinen sowie für mobile Endgeräte zu optimieren. Nur so wird das Inserat auch gefunden.

Also ist Mobile Recruiting ein Trend, den man verfolgen sollte?

Ja, unbedingt! Das Smartphone wird immer mehr die Fernbedienung unseres Lebens – auch bei der Stellensuche. Bereits ungefähr jeder vierte Arbeitnehmer sucht heute via Smartphone nach Stellen. Dies ist der zweite Grund, warum die Unternehmenswebsites und Onlinestelleninserate auf mobile Endgeräte zugeschnitten sein sollten. Zudem sollte es für die potenziellen Kandidaten ganz einfach sein, sich mit wenigen Klicks zu bewerben: also via Handy und per Mail oder über das Social-Media-Profil.

Transparenz wird immer wichtiger: Bevor sie sich bewerben, wollen Bewerber einen Einblick in das Unternehmen erhalten."

Und lohnt sich Social-Media-Recruiting?

In den meisten Fällen zahlt es sich für KMU nicht aus. Um auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Snapchat präsent und erfolgreich zu sein, braucht man ungemein viele und qualitativ hochstehende Inhalte. Das ist teuer. Was sich aber lohnen kann, ist die Rekrutierung über berufliche Netzwerke wie Linkedin oder Xing. Diese Plattformen haben sich teilweise zu eigenständigen Jobportalen entwickelt oder solche übernommen.

Wie wird sich das Stelleninserat entwickeln?

Transparenz wird immer wichtiger: Bevor sie sich bewerben, wollen Bewerber einen Einblick in das Unternehmen erhalten. Bereits heute findet man in vielen Stelleninseraten Videos, die die Tätigkeiten erklären, oder Employer-Branding-Videos. In Zukunft werden Firmen vermehrt 360-Grad-Videos einsetzen, um Arbeitsplatz und -umgebung im Vorfeld vorzustellen. Auch werden immer mehr Arbeitgeberbewertungen, wie beispielsweise Kununu oder Glassdor, mit den Onlinestellenanzeigen verlinkt. Bei Xing sind gar die Kununu-Bewertungen automatisch eingebunden – schliesslich gehört Kununu zu Xing. Stellenanzeigen von Grossunternehmen wie Swisscom oder SBB sind schon heute kleine Employer-Branding-Microsites. Dieser Trend wird sicher noch weitergehen.

Im Kontext des Fachkräftemangels werden Talent Pools und Community Management an Bedeutung gewinnen."

Der «War for Talents» wird sich weiter verschärfen. Wie können Unternehmen dieser Herausforderung begegnen?

Im Kontext des Fachkräftemangels werden Talent Pools und Community Management an Bedeutung gewinnen. Grössere Unternehmen bauen sich mittels umfassender Employer-Branding-Massnahmen eigene Talent Pools und Communities auf. Ich bezweifle aber, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei allen Projekten stimmig ist. Meistens sind die Investitionen sehr hoch, um Talent Pools aufzubauen und zu pflegen. Und am Ende des Tages zählen nur die Anzahl Bewerbungen, die aus diesen Pools generiert werden können.

Wie sinnvoll sind Talent Pools für KMU?

Für KMU ist der Aufbau solcher Pools schon allein aus finanziellen Gründen meist unmöglich. Deshalb werden für sie berufliche soziale Netzwerke sowie CV-Datenbanken als externe Talent Pools immer wichtiger. Sowohl der Xing Talent Manager wie auch der Linkedin Recruiter bieten Rekrutierungslösungen an, mit denen man Talente finden und verwalten kann. Aber auch die CV-Datenbanken der grösseren Jobportale sind nützlich.

Wie ist das Vorgehen?

Die Personalverantwortlichen suchen online nach passenden Talenten und sprechen diese direkt an. Dies ist jedoch sehr zeitintensiv und braucht viel Erfahrung, weil sich das Unternehmen als potenzieller Arbeitgeber bewirbt und nicht umgekehrt. Hier braucht es Fingerspitzengefühl, das Vorgehen widerspricht den üblichen Regeln der Rekrutierung. Idealerweise stellt man eine HR-Fachperson ein, die Erfahrung mit der Direktansprache hat, oder man holt sich Unterstützung von einer Personalberatung.

Sehen Sie weitere Trends?

Langfristig gibt es zwei wichtige Trends in der Rekrutierung: Predictive Analytics (Big Data) im HR und Robot Recruiting. Mithilfe von Predictive Analytics, die auf der Auswertung von bestehenden Daten basieren, wollen HR-Verantwortliche komplexe Entscheidungen vereinfachen. Ziel ist es, das Resultat einer Massnahme schon im Voraus zu kennen. Beispielsweise die Vorhersage, welcher Rekrutierungskanal wie viele Bewerbungen bringen wird.

Chat-Bots sind Systeme, die auf Onlineplattformen selbstständig potenzielle Kandidaten suchen und ansprechen."

Dennoch: Dass Roboter künftig die Rekrutierung übernehmen, geht eher in die Sparte Science-Fiction, oder?

Nein, das ist schon heute Realität. Auch in der Schweiz. Einige Firmen verwenden Systeme, welche automatisch Bewerbungen auswerten und beurteilen. Ein sogenannter «Bot» prüft das «Matching», also die Passung zwischen dem Anforderungsprofil und den Bewerbungsunterlagen des Kandidaten. Oft kontrolliert ein Personalverantwortlicher die Resultate. Die Maschine erhält sodann Rückmeldungen und lernt dazu. Das Ziel ist, dass der Roboter immer besser wird und die Personalverantwortlichen entlastet. Es gibt heute sogar schon Roboter, die in einem Bewerbungsvideo erkennen, wie engagiert und motiviert der Bewerber ist und ob er es ehrlich meint mit der Bewerbung. Der nächste Schritt sind Chat-Bots.

Und was genau machen Chat-Bots?

Chat-Bots sind Systeme, die auf Onlineplattformen selbstständig potenzielle Kandidaten suchen und ansprechen. Dank einer intelligenten Software antworten sie auf Fragen, kommunizieren bis zu einem definierten Punkt mit dem Bewerber und «entscheiden», ob die Bewerbung an einen Rekrutierungsverantwortlichen weitergeleitet wird. Dann übernimmt wieder der Mensch. Wer weiss, was die Zukunft sonst noch bringt. Es bleibt spannend.

Diese Tipps machen Sie fit für die Rekrutierung der Zukunft

  • Besuchen Sie regelmässig Veranstaltungen wie Recruiting Conventions oder Recruiting Days und informieren Sie sich über die aktuellen Trends. Tauschen Sie sich mit anderen Teilnehmern aus. Das gibt Sicherheit und holt wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
  • Definieren Sie vor jeder Rekrutierung die Zielgruppe für die offene Position. Versuchen Sie herauszufinden, über welchen Kanal diese Zielgruppe am einfachsten zu finden ist.
  • Optimieren Sie Ihre Website für mobile Endgeräte (Responsive Design). Sonst verlieren Sie die Smartphone-User.
  • Bauen Sie Hürden ab bei den Bewerbungsmöglichkeiten: E-Mail ist Pflicht. Suchen Sie in einer Branche mit Fachkräftemangel, ist eine One-Click-Bewerbungsmöglichkeit geeignet.

Legen Sie grossen Wert auf die Erstellung des Online-Stelleninserates. SEO ist zentral, damit Ihr Stelleninserat auf Google und auf Jobsuchmaschinen gefunden wird.

Weitere Tipps für Ihre Onlinestellenanzeige finden Sie im aktuellen White Paper «Klick und Volltreffer».

Zur Person

Raphael Zahnd, Verantwortlicher Brand Management & Innovation bei Careerplus, ist Spezialist für Online-Marketing, Content Marketing im HR/Personalwesen, Employer Branding, Markenführung sowie Online- und Social-Media-Recruiting. Zudem befasst er sich intensiv mit den Trends rund um die Rekrutierung 4.0 sowie Arbeit 4.0 und hat sich auf Innovationsmanagement spezialisiert.

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Raphael Zahnd, Verantwortlicher Brand Management & Innovation bei Careerplus DE2

Infos

Lesen Sie in unserer White-Paper-Serie auch, wie ein Stelleninserat aufgebaut sein muss, damit es gefunden wird – und warum SEO wichtig ist:
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