Myra Fischer-Rosinger kennt die Temporärbranche seit vielen Jahren: Die Politologin und Volkswirtin ist seit 2014 Direktorin von swissstaffing, dem Verband der Schweizer Personaldienstleister. Wie schätzt die Expertin die Entwicklung der temporären Arbeit ein? Careerplus hat Myra Fischer-Rosinger im Rahmen des neusten White Papers über den Trend «Hiring on demand» befragt.
Wie hat sich der Temporärmarkt in den letzten Jahren verändert?
Er ist stark gewachsen! Gleichzeitig ist die Temporärarbeit aber auch sehr volatil und schlägt je nach Konjunktur stark aus. Auffällig ist die Verschiebung von Hilfs- zu Fachkräften. Im Jahr 2006 waren ungefähr 50 Prozent der Temporärangestellten Fachleute; 2014 waren es bereits zwei Drittel. Heute liegt der Anteil an Fachleuten vermutlich noch höher. Erfreulicherweise können die Personalvermittler den Trend zu höher qualifizierten Tätigkeiten aufnehmen und die Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitenden befriedigen.
Wie erklären Sie sich diese Verschiebung?
Das hat einerseits mit der generellen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu tun: Da immer mehr Routinetätigkeiten automatisiert werden, steigt die Nachfrage nach spezifischen Qualifikationen. Andererseits ist es eine Wohlstandserscheinung: Viele Arbeitnehmer suchen Flexibilität, um neben dem Berufsleben reisen zu können, Weiterbildungen zu absolvieren, eine Selbständigkeit aufzubauen oder sich Zeit für die Familie zu nehmen. Mit der Annahme einer befristeten Tätigkeit können Arbeitnehmer ihre Lebensziele verwirklichen und phasenweise sicheres Geld verdienen. Im Jahr 2014 haben sich 45 Prozent aller Temporärangestellten bewusst für diese Arbeitsform entschieden.
Stichwort Arbeitsmarkt 4.0: Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf die Entwicklung der befristeten Arbeit?
Durch die Digitalisierung entstehen immer mehr Matching-Plattformen. Eine Person bietet eine Leistung an, eine andere sucht genau diese – über Plattformen können sich beide einfach und schnell vernetzen. Somit begünstigt die Digitalisierung eine Verschiebung zum punktuellen Arbeitseinsatz. Ob sich diese Gig Economy in der Realität langfristig durchsetzt, ist jedoch schwierig zu sagen. So oder so: Hier eröffnen sich neue Möglichkeiten für Personalvermittlungen, die sich zu solchen Plattformen entwickeln könnten.
Wie wird sich die Temporärarbeit in Zukunft entwickeln?
Noch liegt die Schweiz, gemessen an der Anzahl Temporärarbeitenden, im europäischen Mittelbereich. Es ist durchaus vorstellbar, dass wir durch intensivierte Anstrengungen hier künftig eine Führungsrolle übernehmen. Potenzial sehe ich auch bei den Matching-Plattformen. Schaffen sie es, die soziale Absicherung der Arbeitskräfte selbst zu regulieren, könnten sich diese Player in der Schweiz durchaus etablieren. Wichtig bleibt weiterhin, die Vorteile der Temporärarbeit als geregelte Arbeitsform aufzuzeigen.
Das gesamte Interview mit Myra Fischer-Rosinger lesen Sie in unserem neusten White Paper «Hiring on demand: Die Zukunft der Arbeit ist befristet».