Das sind keine Neuigkeiten: Die Digitalisierung verändert das Recruiting markant. Doch warum eigentlich?
Die Digitalisierung verändert einerseits, wen wir suchen: Laut einer
Studie des World Economic Forum werden bis 2022 ungefähr 25 Prozent der gegenwärtigen Hauptaufgaben verschwinden, während fast ebenso viele neue Jobprofile entstehen. Das wird den Fachkräftemangel verstärken. Die Recruiter müssen neue Mittel und Wege finden, um passende Kandidaten zu rekrutieren.
Andererseits verändert die Digitalisierung die Art, wie wir suchen: Die Kandidaten wollen die digitalen Möglichkeiten nutzen und sind sich an die heutige Kommunikationsart und -geschwindigkeit gewöhnt. Wollen Unternehmen die raren Kandidaten für sich gewinnen, müssen sie erstens sichtbar sein und zweitens auf deren Bedürfnisse eingehen.
Von der Personalbeschaffung zur Personalgewinnung
Es ist offensichtlich, dass in diesen Zeiten das HR mehr tun muss, als Stellenanzeigen zu posten und passiv auf Dossiers zu warten. Gerade in Märkten mit Fachkräftemangel muss der Leitgedanke sein, aktiv auf die Kandidaten zuzugehen. Direktansprache,
Talent Pools und
Active Sourcing zählen zu oft wirkungsvollen Mitteln. Zudem sollten Bewerbungshürden abgebaut werden, beispielsweise mit Mobile Recruiting und One-Click-Bewerbungen. Weiter gilt es, sich dort zu bewegen, wo sich die Zielgruppe befindet. Und sich ausserdem dem Motto der heutigen Kommunikation anzupassen: online, sofort, direkt.
Als Unternehmen wird es in diesem Zusammenhang immer wichtiger, die Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer zu erregen. Und attraktiv für sie zu sein. Kein leichtes Unterfangen in Zeiten, in denen sich das Rad immer schneller dreht und in der Informationsflut vieles untergeht. Genau hier setzt das Personalmarketing an, das im HR zunehmend zum zentralen Erfolgsfaktor wird. Das Prinzip: Wie beim klassischen Marketing muss ein Produkt im Markt sichtbar gemacht und auf die Kunden ausgerichtet werden. Nur dass in diesem Fall das Produkt das Unternehmen ist und die Kunden die Mitarbeitenden sind. Mit abgestimmten, integrierten Marketingmassnahmen positioniert sich das Unternehmen auf dem Markt und entwickelt das Image eines interessanten Arbeitgebers. Damit ist es im Idealfall bei Arbeitnehmern «Top of Mind», wie es im Marketing heisst. Also die «Marke», die vom Kunden bevorzugt wird. Eine umfassende Personalgewinnung löst die einfache «Personalbeschaffung» ab.
HR und Marketing als Schwesterdisziplinen
Das Personalmarketing umfasst etwa Social-Media-Management und -Ads, Mobile-Optimierung der Website, Suchmaschinenoptimierung, Definition der Zielgruppen, Controlling oder Data Analytics. Hinzu kommen Massnahmen wie Employer Branding und Imagekampagnen. Dies sind zwar neue Aufgabenbereiche für das HR, werden aber vom Marketing schon seit Langem beherrscht und eingesetzt. Umgekehrt verfügt Letzteres zwar über fundierte Kenntnisse im Onlinemarketing sowie im Bereich neue Technologien, hat aber wenig Verständnis für HR-Prozesse. Beide Disziplinen können also voneinander lernen und rücken idealerweise näher zusammen. Aktuell sind viele Unternehmen aber noch weit davon entfernt: In einer Umfrage von Careerplus gaben gerade mal 6 Prozent der Befragten an, im Tagesgeschäft eng mit der Marketingabteilung zusammenzuarbeiten.
Robot Recruiting: schöne neue Welt?
Die neuen Aufgaben und Herausforderungen lassen sich mit traditionellen Ansätzen und Kanälen kaum meistern. Die generelle Zurückhaltung gegenüber neuen digitalen Tools sowie das Verharren in alten Mustern – hier das HR, dort das Marketing – sind wenig erfolgversprechend. Vielmehr müssen neue Technologien und Kanäle zur Unterstützung beigezogen werden: Chatbots verbessern beispielsweise die Kommunikation und verkürzen die Reaktionszeit, Matching-Technologien gestalten das Rekrutieren effizienter und unterstützen in der Vorselektion. Auch wenn die Digitalisierung eine Herausforderung sein kann, ist sie auch als Chance zu begreifen.