Wer heutzutage darauf wartet, gefunden zu werden, kann unter Umständen lange warten. Seit sich in den letzten Jahren der Arbeitsmarkt zugunsten der Bewerber entwickelt hat, müssen die Unternehmen erst recht einen Schritt auf potenzielle Kandidaten zugehen. Nullachtfünfzehn-Stellenanzeigen gehen in der Masse unter, fallen nicht auf, werden nicht angeklickt. Wenn aber die Botschaften, Formulierungen und Kommunikationskanäle auf die Zielgruppe abgestimmt werden, fühlen sich die passenden Kandidaten persönlich angesprochen. Das Interesse ist geweckt. Ursprünglich stammt der Begriff Zielgruppe aus dem Produktmarketing und bezeichnet eine Gruppe von Menschen mit ähnlichen Merkmalen, die gezielt auf etwas angesprochen werden sollen. Schon lange aus dem Marketing bekannt, wird die Zielgruppenanalyse nun also auch für das Recruiting wichtig.
Mehr als «nur» Qualifikationen
Sie suchen einen Software-Entwickler zwischen 25 und 35 Jahren? Sie werden ihn vermutlich eher auf Gaming-Plattformen als auf Instagram finden. Ausserdem wird er wohl mehr an komplexen Aufgabenstellungen interessiert sein als an Themen wie Work-Life-Balance. Bei einer HR-Assistentin in demselben Alter ist die Wahrscheinlichkeit grösser, sie in den sozialen Medien anzutreffen. Ausserdem liegen ihre momentanen Interessen vielleicht stärker in Weiterbildungsangeboten und flexiblen Arbeitszeiten, falls sie Kinder hat. Eine Leiterin HR im mittleren Alter möchte hingegen wissen, welche Karrieremöglichkeiten ihr die neue Stelle bietet.
Aus den kurzen Beispielen geht hervor, dass eine Zielgruppe im Personalmarketing weit über die reinen Qualifikationen hinaus definiert wird. Welche Ansprüche hat die Zielgruppe? Und welche Medienkanäle nutzt sie? Die spezifischen Bedürfnisse gilt es im Stelleninserat und später auch im Interview hervorzuheben, damit das Interesse der passenden Kandidaten geweckt wird und sie sich für das Unternehmen entscheiden. Nebst den Botschaften sollten dabei auch die Tonalität und die Sprache auf die Zielgruppe ausgerichtet sein. Wichtig sind zudem sympathische Bilder mit Aussage: Gekaufte Stock-Bilder auf der Karriereseite, der Website und in Stelleninseraten wirken nichtssagend. Professionelle Bilder der eigenen Mitarbeitenden in den Firmenräumlichkeiten transportieren die Unternehmenskultur – mit der sich potenzielle Mitarbeitende sollten identifizieren können.
Wie definiere ich die Zielgruppe?
Damit eine passgenaue Aussage gelingt, sollten Sie sich eingehend mit Ihrer Zielgruppe auseinandersetzen. Welche Informationen sind im Bewerbungsprozess nötig, damit sich die potenziellen Kandidaten angesprochen fühlen und sich tatsächlich bewerben? Folgende Fragen helfen dabei:
- Welches Alter und welche Ausbildung hat die Zielgruppe?
- Welche Bedürfnisse hat die Zielgruppe? Steht beispielsweise die Work-Life-Balance im Vordergrund oder die Karriere?
- Welche Ansprüche hat die Zielgruppe? Ist sie interessiert an Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten oder an Kinderbetreuung und flexiblen Arbeitszeiten?
- Welche Medienkanäle nutzt die Zielgruppe? Sind Social Media sinnvoll oder ein Stelleninserat in einem gedruckten Fachmagazin?
- Welche Gründe oder Anreize bewegen die potenziellen Kandidaten zur Bewerbung? Ist es der Lohn, sind es herausfordernde Aufgaben oder doch der Arbeitsort und das Team?
- Was wird als grundlegende Leistung des Arbeitgebers vorausgesetzt? Sind der Zielgruppe fünf Wochen Ferien wichtig, gute Sozialleistungen oder Verpflegungsmöglichkeiten am Arbeitsort?
- Welche Faktoren lösen bei der Zielgruppe Begeisterung aus?
Um dies herauszufinden, gibt es ein einfaches Rezept: Fragen Sie bei den eigenen Mitarbeitenden nach, die in der gesuchten oder einer ähnlichen Zielgruppe sind. Beispielsweise Mitarbeitende der gleichen Altersgruppe oder der gleichen Berufsgruppe.
Nicht nur direkt, auch schnell muss man sein
Nebst der Zielgruppenanalyse ist ausserdem das Tempo zentral für den Recruiting-Erfolg. Denn die Kandidaten erwarten eine Kommunikation in Echtzeit oder zumindest nahe an diesem Ideal. Wer zu lange mit einer Reaktion auf sich warten lässt, riskiert den frühzeitigen Absprung der Bewerber. Hinzu kommt die Gefahr eines Imageschadens – eine schnelle Reaktionszeit gehört heutzutage zum guten Ton. Seien Sie sich daher bewusst, über welchen Kanal Sie Ihre Zielgruppe ansprechen und wie sich das auf die Erwartungen der Kommunikationsart auswirkt. In den sozialen Medien ist eine Reaktionszeit von wenigen Stunden das Maximum, aber auch mit einer E-Mail sollten Sie nicht länger als einen Tag warten.
Wer also im Rennen um die Kandidaten die Nase vorne haben will, sollte sich eingehend mit seiner Zielgruppe auseinandersetzen und die passenden Botschaften gezielt in den Stellenanzeigen platzieren. Und ausserdem schnell kommunizieren – auf den Kanälen, in denen sich die Zielgruppe bewegt.
Je genauer, desto treffsicherer
Eine positive Nebenerscheinung der Zielgruppenanalyse im Personalmarketing kann sein, dass weniger gänzlich unpassende Bewerbungen eintreffen. Denn Matching-Plattformen wie Yooture oder Talentfly bringen automatisch Passendes zusammen. Kandidaten sehen nur noch diejenigen Stellenausschreibungen, die tatsächlich für sie relevant sind. Je genauer die Stellenausschreibung ist, desto treffsicherer ist das Matching.